„Wenn man genau hinschaut, sieht man, welcher Unsinn da in der Verwaltung blüht”

(9.5.2012)

Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Schmiedel,

mit Erstaunen und Erschrecken lesen wir den Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 07.05.2012, der Ihre Vorschläge zum Abbau des Defizits des Landeshaushalts aufgreift.

Es stellt sich die Frage, wissen Sie – bzw. unsere Repräsentanten des Dienstherrn Land – überhaupt womit Sie umgehen? Wir Mitarbeiter sind vorhanden und machen eine hervorragende Arbeit, die keinen Vergleich scheuen muss – national wie international.

Einige Fakten, die für die Fraktion und Sie hoffentlich verständlich und von Interesse sind.

1) Der 37 Prozentanteil an den Personalkosten ist aus unserer Sicht kein Maßstab für eine „Beteiligung“ des Personals an den Sparmaßnahmen. Das Personal erfüllt Dienstleistungsaufgaben für die Gesellschaft. Solange die Aufgaben, die die Parteien in den Parlamenten beschlossen haben, erfüllt werden müssen, ist das Personal erforderlich und anständig amtsangemessen zu besolden.

Sparen geht nur über einen Abbau von Aufgaben in vollem bzw. teilweisen Umfang. So ist es auch in der Wirtschaft üblich – Stellenabbau und nicht die einzelnen Mitarbeiter finanziell „bluten“ lassen.

2) Die Idee gegen einen größeren Steueranteil fürs Land die Steuerbeamten dem Bund zu überlassen ist originell aber nicht zu Ende gedacht. Wenn der Bund die Kollegen übernehmen sollte, dann wird er für die zu übernehmende Besoldung, Versorgung und Beihilfe die ca. 500 Millionen Euro „dem Land in Rechnung stellen“ und nicht auch noch weiteres Geld dem Land zukommen lassen. So auch die Praxis des Landes in Bezug auf Personal, das in den letzten 30 Jahren kommunilisiert wurde.

3) Sie sprechen von 300 000 Stellen von denen 15 000 einsparbar wären. Sie hatten für 2012 einen Stellenplan mit 226 837,2 Stellen beschlossen. Eine derartige Abweichung Ihrer Wahrnehmung von der Wirklichkeit halten wir für bedenklich – zumal die Ministerien für Kultus, Wissenschaft, Innen, Justiz sowie Finanzen und Wirtschaft davon 219899,7 Stellen bewirtschaften und der gesamte Rest nur noch 6937,5.

4) „Wenn man genau hinschaut, sieht man, welcher Unsinn da in der Verwaltung blüht“. So wurden Sie zitiert. Wir weisen diese Wertung hinsichtlich unserer Arbeit ausdrücklich zurück. Unsinn machen wir nicht! Blühen sehen wir auch nichts! Unsinn ist es schon gar nicht wenn der Gesetzgeber – also Sie – uns die Arbeit „auferlegt“. Widerspruchsverfahren sind auch nicht völlig sinnlos! Wenn dem so wäre, hätte die seit fast 20 Jahren währende Diskussion über sie schon lange zu ihrer Abschaffung geführt. Das kann man nicht „ersatzlos wegkippen“! Es gibt auch nicht ohnehin die gleiche Antwort wie vom Rathaus! Eine differenzierte Betrachtung ist angebracht.

5) Durch den Wegfall des Widerspruchsverfahrens wollen Sie Hunderte Beschäftigte befreien. Selbst wenn das Land als Dienstherr die Aufgabe, soweit es die Kompetenz hätte, gänzlich aufheben würde, so würde das in Summe keine hundert Stellen betreffen. Beratungsbedarf für die Ausgangsbehörden würde sich erhöhen – ebenso der Personalbedarf für Dienstaufsichtsbeschwerden sowie Petitionen und wahrscheinlich der der Gerichte. Die „Befreiung“ wäre bescheiden – der Vertrauensschaden im Volke hoch, da auf eine 2. kostengünstige Befassungsbehörde verzichtet wird.

6) Hinsichtlich der Beihilfe nur so viel: Ein Finanzminister hat erklärt, dass das Land als Selbstversicherer gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Beihilfe ca. 80 Millionen DM – also ca. 40 Millionen Euro – spart. Von diesem Punkt betrachtet sind ihre Änderungs- ansätze völlig unverständlich. Ferner fordern wir bei einem Beihilfehöchstsatz von 50 % für aktive Beamte die Krankheitskosten für die Kinder zu 100 % zu übernehmen. Zu Bedenken ist auch, dass das Sozialministerium dann weiteres Geld – insbesondere für die Krankenhäuser – braucht.

Abschließend bieten wir Ihnen und der Fraktion gerne weiterführende Gespräche an und schlagen hiermit bereits vor, das „Projekt NSI“ zu beenden und damit die Mitarbeiter von diesem Aufwand zu „befreien“. Ein Nutzen erscheint nun seit über 10 Jahren nicht, bzw. nur rudimentär, entstanden zu sein. Dann können die Controller eingespart werden.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen

Bernhard Freisler
Landesvorsitzender

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