Die jährlich stattfindende Arbeitstagung des VHV fand am 24. und 25. Juli 2015 wie auch bereits in den vergangenen Jahren im Tagungshotel Sonnenhof in Schömberg- Langenbrand statt. Unter den zahlreichen Teilnehmern der Arbeitstagung befanden sich in diesem Jahr erfreulicherweise auch einige unserer neuen Mitglieder.
Der VHV nutzt seine Arbeitstagung traditionell gerne, um mit Vertretern der Land-tagsfraktionen ins Gespräch zu kommen und unsere berufspolitischen Anliegen mit ihnen zu diskutieren. Nachdem in den vergangenen beiden Jahren Claus Schmiedel (SPD) und Thomas Blenke (CDU) zu Gast waren, hatten wir in diesem Jahr Muhterem Aras, finanzpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Landtagsfraktion, eingeladen. Bedauerlicherweise musste der Termin aber kurzfristig abgesagt werden.
Stattdessen haben wir uns zu Beginn mit dem gerade erschienen Versorgungsbericht 2015 beschäftigt. Erfreulich ist, dass der Gesetzgeber strukturelle Veränderungen bei der Versorgung wegen des drohenden Konflikts mit dem verfassungsrechtlich garantierten Alimentationsanspruch der Beamten ausschließt. Als alternative Möglichkeiten, um den steigenden Versorgungsleistungen zu begegnen, werden die Ermöglichung der freiwilligen Weiterarbeit bis zum 70. Lebensjahr sowie der Ausbau des Gesundheitsmanagements zur Vermeidung von Frühpensionierungen genannt.
Daneben sollen die anwachsenden Versorgungsverpflichtungen durch Sondervermögen der Versorgungsrücklage und den 2007 ins Leben gerufenen Versorgungsfonds abgefedert werden. Der Fonds hat derzeit ein Volumen von rund 4 Milliarden Euro; ein Viertel dieses Vermögens stammt aus Zuführungen, drei Viertel aus Gewinnen. Die Vermögensverwaltung erfolgt durch die Deutsche Bundesbank, eine Entnahme von Mitteln ist ausschließlich für Versorgungsausgaben und frühestens ab dem Jahr 2020 möglich. Unter den Teilnehmern der Arbeitstagung herrschte jedoch einstimmig die Auffassung, dass der Fonds weiter ausgebaut werden sollte und eine Entnahme von Mitteln möglichst spät erfolgen sollte.
Ein weiteres Thema, mit dem sich zahlreiche Mitglieder in den letzten Monaten sowohl an den Beamtenbund als auch an den VHV gewandt hatten, waren die Streiks der GdL, durch die der Bahnverkehr im Land erheblich beeinträchtigt bzw. in manchen Teilen ganz zum Erliegen gebracht wurde. Insbesondere die Tatsache, dass die GdL Mitglied des Beamtenbundes ist, hat viele Mitglieder irritiert, häufig wurde auch die Befürchtung geäußert, dass Mitglieder mit ihren Beiträgen so den Streik der GdL unterstützen könnten. Zur Frage der Finanzierung der GdL-Streiks wies VHV-Vorsitzender Bernhard Freisler darauf hin, dass der Deutsche Beamtenbund einen Aktionsfonds hat, der sich aus Zinsen einer Geldanlage aus dem Verkauf des Beamtenheimstättenwerks speist. Daraus werden auch Demonstrationen und andere Aktionen im Organisationsbereich des DBB bezuschusst. Bei Bedarf, den die Bundesleitung nach den Regularien des DBB feststellt, kann auch die GdL aus dem Fonds Geld bekommen, jedoch war dies nicht bei allen Streikaktionen der Fall. Gelder aus Mitgliedsbeiträgen sind damit nicht in die Streikaktionen geflossen.
Kontrovers diskutiert wurde die Frage, welche Position der Verband generell zum Bahnstreik einnehmen sollte. Vielfach wurde hier darauf hingewiesen, dass die Notfallfahrpläne der Bahn nur deshalb möglich waren, weil es noch einige Beamte in diesem Bereich gibt, die nicht streiken dürfen und zu entsprechenden Diensten herangezogen werden konnten. Zahlreiche Teilnehmer der Arbeitstagung unterstützten daher die Ansicht, dass der Bahnverkehr Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und als solcher hoheitlich zu organisieren ist.
Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Verwaltungsbeamten des höheren Dienstes in Deutschland, Dr. Wolfgang Bruckmann, wies in diesem Zusammenhang bei seinem Bericht aus der Arbeit des Bundesverbandes auch auf die entsprechende Resolution des bvhd hin. Zudem berichtete Dr. Bruckmann zur Übernahme der Tarifergebnisse in den einzelnen Ländern und stellte fest, dass diese insgesamt besser übernommen wurden als das letzte Tarifergebnis. So hat Bayern die Ergebnisse etwa komplett übernommen, in Hessen ist jedoch eine Nullrunde angedacht.
Für etwas Erheiterung sorgte die als “Heimatstrategie” bezeichnete Entscheidung der bayrischen Landesregierung, einige Landesbehörden aus München weg in den ländlichen Raum zu verlagern.
Der VHV lädt zu seinen Tagungen auch regelmäßig Vertreter anderer Berufsverbände des höheren Dienstes ein. So berichtete schließlich Ralf Scholl zum Abschluss des ersten Sitzungstages aus der Arbeit des Philologenverbandes.
Den Auftakt des zweiten Tages machte unser Vorstandsmitglied Dr. Hans-Joachim Hauser mit einem Vortrag zum Sachstand der Personalabbaupläne der Landesregierung und verglich dabei die in dieser Legislaturperiode erfolgten Stelleneinsparungen mit dem erfolgten Aufbau an Personal.
Dr. Helmut Messer, zweiter Vorsitzender des VHV, referierte im Anschluss über das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2015 und dessen Bedeutung für die Landesbeamten. Als positiv wertete er dabei, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung nochmals klar die mit Verfassungsrang ausgestattete Verpflichtung des Dienstherrn zur amtsangemessenen Besoldung betont hat. In dem Urteil sind nun die Kriterien präzisiert worden, anhand derer eine verfassungswidrige Unteralimentation festzumachen ist, wobei das Gericht zugleich darauf hinweist, dass dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiter Spielraum bei der Bemessung der Besoldung zugestanden wird, so dass sich eine gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung evidenter Sachwidrigkeit zu beschränken hat. Umso bemerkenswerter ist vor dem Hintergrund, dass trotz dieses strengen Maßstabes immerhin eine Klägergruppe Erfolg hatte, nämlich die Richter und Staatsanwälte aus Sachsen-Anhalt, deren Dienstherr nun bis zum 1. Januar 2016 eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen hat.
Zur konkreten Prüfung hat uns das BVerfG fünf Parameter an die Hand gegeben:
- zum einen der Vergleich zur Tariflohnentwicklung im öffentlichen Dienst
- ferner: der Vergleich zur Entwicklung des Nominallohnindex (Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Nominallohnindexes)
- sowie 3. des Verbraucherpreisindexes (Abweichung der Besoldungsentwicklung von der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes)
- viertens: ein systeminterner Besoldungsvergleich
- und schließlich 5.: ein Quervergleich mit der Besoldung des Bundes und anderer Länder.
Ergibt sich bei einer Mehrheit dieser Parameter eine Benachteiligung, besteht eine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentierung. Selbst dann kann im Ergebnis aber der Erfolg versagt bleiben, nämlich dann, wenn andere verfassungs-rechtlichen Grundsätze eine Unteralimentierung rechtfertigen. Zu solchen verfassungsrechtlichen Grundsätzen, die eine Unteralimentierung rechtfertigen können, gehört namentlich das Verbot der Neuverschuldung. Dieses ist in Art. 109 Abs. 3 GG mit Verfassungsrang ausgestattet. Allerdings trifft den Besoldungsgesetzgeber dann als prozedurale Anforderung eine besondere Begründungspflicht.
Zum Abschluss der Tagung berichtete Ministerialdirektor Dr. Herbert O. Zinell aus dem Innenministerium über aktuelle beamtenrechtliche Entwicklungen in der Landes(innen)-verwaltung. Dabei betonte er zunächst die Bedeutung der Verlässlichkeit der Verwaltung, diese müsse sowohl qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht handlungsfähig bleiben. Das 2011 noch von der Vorgängerregierung beschlossene “1.480-Programm” sei daher so nicht umsetzbar, man müsse daher eine Streckung oder gegebenenfalls sogar Aussetzung des noch verbleibenden Abbaus in Erwägung ziehen. Des Weiteren berichtete MD Dr. Zinell über teilweise rückläufige Bewerberzahlen in der Innenverwaltung. Seiner Ansicht nach müssten neue Stellen geschaffen werden, die später wieder wegfallen, um junge Mitarbeiter zu binden. Vor diesem Hintergrund beurteilte er auch die um acht Prozent abgesenkte Eingangsbesoldung als kritisch.
Intensiv diskutiert wurde mit MD Dr. Zinell das neue Beurteilungswesen. Dies sei, so Dr. Zinell, erforderlich geworden, weil die zunehmende Annäherung von Beurteilungen im oberen Bereich kaum noch Differenzierungen ermögliche, was bei Personalauswahl- und Beförderungsentscheidungen zu erheblichen Problemen führe. Hier verspreche man sich durch das neue Punktsystem und die dafür eingeführten maximalen Verteilungsquoten eine Verbesserung. So dürfen künftig nur noch 15 Prozent der Beurteilten einer Vergleichsgruppe die Höchstnoten von 13 – 15 Punkte erhalten, 10 – 12 Punkte sind für maximal 25 Prozent der Beschäftigten vorgesehen. Maßstab für eine angemessene, allen Anforderungen genügende Leistung soll eine Beurteilung mit 7 Punkten sein. Hier hat die Diskussion gezeigt, dass im Detail noch viele Fragen offen sind, so etwa die Bildung von adäquaten Vergleichsgruppen. Die Entwicklung ist hier also mit besonderem Interesse weiterzuverfolgen.
Ein weiteres Thema, das von MD Dr. Zinell angesprochen wurden, war die nunmehr nicht mehr weiter verfolgte Idee der Kommunalisierung des höheren Dienstes in den Landratsämtern. Hier hatte sich der VHV an verschiedener Stelle gegenüber politischen Mandatsträgern klar dagegen ausgesprochen. Auch Dr. Zinell nannte den Verbleib dieser Beamten in der Landesverwaltung sinnvoll. Zu den in der Innenverwaltung eingerichteten F1 und F2-Führungskreisen erklärte Dr. Zinell, dass diese erhalten bleiben sollen. Für die Teilnahme am Führungslehrgang der Führungsakademie werde jedoch derzeit von manchen Ressorts die Forderung erhoben, das aktuelle Blocksystem durch ein dienstbegleitendes Modell zu ersetzen. Abschließend betonte MD Dr. Zinell, dass die Polizeireform keine Blaupause für andere Reformen sei. Derzeit habe man ohnehin keine Kapazitäten für eine Verwaltungsreform. Allerdings gebe es vereinzelt Bestrebungen, wieder Sonderbehörden einzurichten.
Mit dem Hinweis auf den anstehenden Verbandsausflug am 22. September und die Mitgliederversammlung am 17. November beendete der Vorsitzende Bernhard Freisler die Arbeitstagung.