Am 24. Juni fand im Rahmen der aktiven Vereinsarbeit des VHV ein interaktives Gespräch mit dem Vorsitzenden des Beamtenbundes Baden-Württemberg, Kai Rosenberger zum Thema: Die neue grün-schwarze Landesregierung hat inzwischen die Arbeit aufgenommen. Was können wir erwarten und was erreichen? statt.
Der Einladung folgte ein bunter Querschnitt interessierter Mitglieder unseres Verbandes aus ganz unterschiedlichen Regionen, Funktionen und Altersgruppierungen.
Nach einem kurzen informatorischen Austausch der Teilnehmenden informierte uns Kollege Rosenberger über die Forderungen (insg. 16) des Beamtenbundes an die neue Landesregierung, die sodann in einen regen Diskussionsaustausch zwischen den Teilnehmenden mündete.
- Fortlaufendes Thema ist die Umsetzung zweier Urteile zur verfassungskonformen Besoldung. Im Gespräch sind Zuschläge für Kinder, wie für bestimmte Wohnregionen in denen die Preise insb. für Familien das Beziehen einer dienstortnahmen Wohnung immer schwieriger machen.
- Neue Staatsbedienstetenwohnungen sind zwar nicht im Koalitionsvertrag vorgesehen, aber immerhin sollen zukünftig freiwerdende Wohnungen im Bestand vorrangig an Staatsbedienstete vergeben werden.
- Ein weiterhin laufendes Thema ist die Anpassung der Wochenarbeitszeit an diejenige der Tarifbeschäftigten, wobei die Durchsetzung dieses Themas aktuell als schwierig anzusehen ist.
- Weiter beharrt der Beamtenbund auf die Rücknahme der Verschlechterungen aus dem Haushaltsbegleitgesetzt 2013, wie insb. die lebenslänglichen Absenkung der Beihilfe auf 50 %.
- Wir fordern die Einführung eines Lebensarbeitszeitkontos, das den Beschäftigten eine flexible Handhabung ermöglicht. Die derzeitigen Regelungen im Koalitionsvertrag gehen nicht weit genug.
- Zur angemessenen Berücksichtigung berufsrechtlicher Fragenstellungen, über Parteigrenzen hinweg, bedarf es auch in BW eines „Ausschuss Öffentlicher Dienst“ im Landtag, dessen Aufgaben u.a. sein sollten: Personalvertretung, Schwerbehindertenrechte, Besoldung und Versorgung. Der Vorteil liegt u.a. in spezialisierten Politikern, die aus der Beamtenschaft kommen oder sich entspr. vertieft ausrichten, nebst einem Prestigegewinn für die Abgeordneten. Der Dienstherr Land sollte für seine ca. 450.000 Tarifbeschäftigte, aktiven Beamten und Pensionäre sowie für die weiteren im öffentlichen Dienst Beschäftigten in Baden-Württemberg eine Institution auf der Ebene der Legislative einrichten, die sich um alle Belange dieses Personenkreises kümmert.
- Der Gewalt gegen Beschäftigte, gleich in welcher Forma (physisch, psychisch, cyber, verbal usw.), muss Einhalt geboten durch eine effektive Justiz, die durch den Dienstherrn aktiviert wird.
- Die Beihilfe (PKV) muss erhalten werden. Der BBW ist ein großer Gegner des sog. „Hamburger Modell“, dass lediglich ein Einfallstor für die Bürgerversicherung und keine echte Wahlmöglichkeit eröffnet. Die Verfassungskonformität desselben wird ernsthaft bezweifelt.
- Der öffentliche Dienst bedarf zur Erfüllung seiner Aufgaben einer angemessenen Ausstattung. Hierzu gehören eine bessere Personalausstattung, insb. im Steuer- und Justizbereich. Im Vergleich zu anderen Bundesländern hat BW je Einwohner die geringste Personaldecke. Das Personal bedarf aber auch einer entsprechenden Wertschätzung. Hierzu zählt die Zurückdrängung befristeter Beschäftigungsverhältnisse, die Stärkung des betriebliches Gesundheitsmanagement, das seit Jahren keine Budget-Erhöhung erhalten hat, eine Verbesserung der Chancengleichheit und der zeitgemäßen Ausstattung der Arbeitsumgebung in Behörden.
- Kai Rosenberger wirkte beschwichtigend in Bezug auf das Gerücht, dass es einen pauschalen Beförderungsstopp bzgl. junger Kollegen*innen geben solle. Das Gerücht ist zwar bekannt, aber es gibt keine dahingehende Info aus dem FM. Die Steuerschätzung passt auch nicht hierzu. In der Langzeitbetrachtung hat auch Corona nicht zu einem erheblichen Steuerminderertrag geführt.
- Der Koalitionsvertrag schreibt wörtlich: BW will ein attraktiver Arbeitgeber sein und bleiben. Hier sehen die Teilnehmenden jedoch erheblichen Handlungsbedarf auf vielen Ebenen. Es beginnt bereits beim Unterbau: Die Personalgewinnung im gehobenen Dienst ist besonders schwierig, gefolgt vom höheren Dienst. Viele Stellen müssen oft mehrmals ausgeschrieben werden und dennoch ist die Bewerberlage oft wenig überzeugend. Mitunter ist sogar ein Abwerben zwischen Ressorts bereits festzustellen.
- Bei den Bestandsbeschäftigten führt der immer wieder empfundene „Missbrauch“ des Beurteilungswesens zu Frustration, da dieser nicht der Leistung gerecht wird, sondern zur Erstellung von Beförderungsreihenfolgen genutzt wird.
- Die Umsetzung des Homeoffice, auch nach Corona, wird in weiten Teilen gewünscht. Homeoffice hat sich bewährt und muss daher auch in Zukunft als flexibler Bestandteil Arbeitsrealität werden.
Der BBW wird weiterhin im regelmäßigen Austausch mit den Entscheidungsträgern stehen, um unsere Forderungen weiter voranzubringen.
Alle interessierten Teilnehmenden und der Vorstand danken Herrn Rosenberger nochmals für den sehr angenehmen Austausch und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.
gez.
Stephan Wiedmann