Stuttgart. Eine pauschale Beihilfe für Beamte, die einer gesetzlichen Krankenkasse angehören, widerspricht laut einem Gutachten dreier Verfassungsrechtler dem Grundgesetz. Darauf verweist der Beamtenbund, dem das Gutachten seit dieser Woche vorliegt.
Das „Hamburger Modell“ sieht vor, dass das Land auf Antrag den Arbeitgeberanteil übernimmt, wenn sich der Beamte gesetzlich versichert. Das Finanzministerium hat einen entsprechenden Gesetzentwurf erarbeitet, der derzeit in den Regierungsfraktionen diskutiert wird. Das Modell, das nicht nur in der Hansestadt, sondern in weiteren vier Ländern gilt, soll zum 1. Januar 2023 in Baden-Württemberg eingeführt werden.
Gutachter verweisen auf Grundsätze des Berufsbeamtentums
Laut dem Gutachten, das der Verband der privaten Krankenversicherung bestellt hatte, steht das Hamburger Modell im Widerspruch zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, wie sie das Grundgesetz garantiert. So komme der Dienstherr seiner Fürsorgepflicht nicht nach, wenn er die Gesundheitsversorgung an eine Krankenkasse delegiere, ohne Einfluss auf den Leistungskatalog zu haben. Zum Vergleich: Bei der klassischen Beihilfe, die es parallel zum Hamburger Modell weiter geben soll, entscheidet das Land, welche Behandlungen es bezuschusst und welche nicht.
Auch der Alimentationsgrundsatz, der sich ebenfalls aus dem Grundgesetz ergibt, sei nicht gewahrt. Wenn die Versicherungprämien stiegen, könne das Land nicht mehr steuernd eingreifen.
CDU schließt erneute Kehrtwende nicht aus
Außerdem widerspreche das Hamburger Modell dem Grundsatz der Vorsorgefreiheit. Demnach kann der Beamte frei entscheiden, wie er für den Krankheitsfall vorsorgt. Habe er sich aber einmal für die pauschale Beihilfe entschieden, gebe es keinen Weg zurück.
Die CDU hatte sich mit dem Vorhaben, das auf Wunsch der Grünen Eingang in den Koalitionsvertrag fand, einverstanden erklärt, aber kürzlich nachgeschoben, dass man nur zustimmen werde, wenn die Regelung verfassungskonform sei. Vor der Landtagswahl hatte sich die CDU noch gegen das Hamburger Modell ausgesprochen.
Tobias Wald, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sagte: „Wir werden den Koalitionsvertrag vereinbarungsgemäß abarbeiten.“ Man habe jedoch noch Fragen, was den Gesetzentwurf angeht.
Beamtenbund-Landeschef Kai Rosenberger spricht sich gegen das Hamburger Modell aus. Er schlägt stattdessen vor, dass das Land die Risikozuschläge für Beamte übernimmt, die aufgrund einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung Schwierigkeiten haben, sich privat krankenzuversichern. Dies sei für das Land allemal günstiger als das Hamburger Modell, bei dem laut Finanzministerium Zusatzkosten anfallen, die Jahr für Jahr ansteigen – bis auf 113 Millionen Euro im Jahr 2060. (smic)