Schreiben des VHV an Herrn MP Kretschmann: Kommunalisierung der Landesbeamten

Sehr geehrter Herr Kretschmann,

die Kommunalisierung der Landesbeamten des höheren Dienstes in den Landratsämtern halten wir aus mehreren Gründen für einen großen Fehler. Eine der besten Verwaltungen – unsere Landesverwaltung – würde dadurch erheblich verändert und geschwächt. Wir hätten am Ende zum Nachteil der Bürger ein anderes Land!

Bei den Juristen ist der „befristete“ Dienst im Landratsamt ein Teil einer attraktiven Personalentwicklung innerhalb des Landesdienstes. An meinem eigenen Beispiel will ich versuchen dies deutlich zu machen. Ich durfte in A13 in einem Landratsamt beginnen und habe dort zuerst ein Umweltschutzamt und danach ein Straßenverkehrsamt geleitet, zu dem auch ein Sachgebiet Zivil- und Katastrophenschutz sowie Feuerwehrwesen gehörte. Im Anschluss wurde ich für einige Jahre Referent in der IuK-Leitstelle des Innenministeriums. Es folgte eine A15-Stelle in einem zweiten Landratsamt als Rechts- und Ordnungsamtsleiter und stellvertretender Dezernent. Mit all diesen Erfahrungen hat man mich nach mehr als acht Jahren in das Regierungspräsidium wechseln lassen, wo ich nun stellvertretender Abteilungsleiter und Referatsleiter in der Schulverwaltung bin. Insbesondere dank dieser Berufsbiographie ist mir ein Netzwerk zugewachsen, in dem ich in der Landesverwaltung und in den Landratsämtern viele Akteure persönlich kenne. Dies kommt der Arbeit zugute. Alle Seiten profitieren davon. Für den einzelnen Mitarbei-ter sind das Entwicklungsmöglichkeiten, die in einem anderen Modell nicht so einfach zu organisieren und umzusetzen wären. Bei einer Änderung würden sowohl die Land-ratsämter als auch die orginären staatlichen Behörden für die Mitarbeiter weniger attraktiv. Zum Teil würde der Blick und der Einsatz für „das Ganze“ verloren gehen.

Die Behauptung des Landkreistages, es könne gespart werden in dem man die Mitar-beiter in Organisationseinheiten zusammenfasst, trifft nicht zu – zumindest nicht für die Juristen. Da die Landräte schon bisher im Landratsamt die Organisationshoheit haben verwundert das Argument. Diese „Zusammenfassung“ wäre auch unter den momentanen Bedingungen möglich.

Außerdem ist, bezogen auf die Juristen, die durch sie üblicherweise ausgeübte Leitungstätigkeit nicht preiswerter als in A13 oder A14 zu haben. Auch die Stellenbewertung nach dem Modell der KGSt zeigt dies. Auf der Dezernentenebene ist A15 auch nicht mehr zu unterbieten. Da wird durch eine Änderung der Zuordnung nichts gespart!

Über alle Verwaltungsebenen gesehen würden Sie den Weg für zwei Entwicklungen freimachen:

1. Sie ermöglichen den Kreisen den Weg in das Beigeordnetensystem. Die Dezernenten würden Wahlbeamte auf Zeit (8 Jahre) und würden in der B-Besoldung alimentiert. Ob dann für den Landrat und seinen Stellvertreter das bisherige Salär reicht, ist fraglich. Vor allem aber werden die Dienstposten politisch vom Kreistag besetzt werden.

2. Der Umsetzung des Wunsches nach einer eigenen Besoldungsordnung für kommunale Beamte. Der Tarifvertrag für die kommunalen Beschäftigten weicht schon jetzt deutlich von dem für Landesbeschäftigte ab. Kommunen behaupten bereits bisher, dass sie ihren Beamten gerne die Erhöhungen des TVöD geben würden, die das Land bisher zeitverzögert, verkürzt oder gar nicht gewährt. Das wäre im übrigen auch nichts Neues, da wir für die Leistungszulagen und –prämien schon bis zur Dienstrechtsreform eine gesplittete Regelung hatten.

Sie sehen, damit wird langfristig nicht gespart – im Gegenteil. Der Weg führt zu einer anderen Verwaltungskultur in unserem Land. Vielleicht wollen Sie und die Regierungs-parteien unter dem Vorwand des „Sparens“ um jeden Preis genau das.

Wir halten dies für kontraproduktiv. Immerhin hat die letzte Steuerschätzung von Bund und Ländern bis 2017 eine Steigerung der Steuereinnahmen von über 100 Mrd. Euro ergeben. Einige Milliarden davon bekommt das Land. Bei einer entsprechenden Zu-rückhaltung bei den Aufgaben lässt sich damit die Schuldenbremse einhalten ohne die akademisch ausgebildeten Landesbeamten für einen bescheidenen Sparbeitrag im Landeshaushalt zu „verhökern“.

Nun bitte ich darum die Angelegenheit differenziert zu betrachten. Ich habe mich hiermit dezidiert für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst geäußert. Aber selbst in diesem Bereich gab es in der Vergangenheit Landratsämter, die zusätzliches akademisches Personal eingestellt haben. Ich kenne auch ein Landratsamt das zusätzlich einen Veterinärmediziner beschäftigt. Daher erscheint uns die Behauptung, mit weniger Ressourcen auszukommen, äußerst fraglich.

Abschließend möchte ich betonen, dass wir gerne über diese und andere Themen mit Ihnen als Vertreter unseres Dienstherren zu Gesprächen bereitstehen. Unser Verband vertritt viele Führungskräfte und wir sind der Überzeugung, dass diese ihren Dienst für das Land fachlich auf höchstem Niveau erfüllen. Das Land stünde ohne sie nicht so gut da! Wir bitten darum, diesen wichtigen Baustein für unsere Verwaltungskultur nicht un-nötig aus dem System heraus zu brechen.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Freisler

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